Zur osteuropäischen Geschichte kam ich eher zufällig. Als Linker ist für mich klar, dass der Sozialismus ein demokratischer sein muss. Die Linke muss sich deshalb ihrer Verantwortung stellen und sich kritisch mit der Geschichte der Staatssozialismen auseinandersetzen. So kam ich im Studium von der Geschichte der Arbeiter*innenbewegung am Institut für Soziale Bewegungen zur osteuropäischen Geschichte.
Um die Geschichte des ersten nominell sozialistischen Staates, der Sowjetunion, besser zu verstehen, ist die Sprache ein wichtiger Schlüssel. Deshalb fing ich an Russisch zu lernen. Schnell konnte ich als Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte arbeiten. Das half mir ungemein in meinem Studium, nicht nur weil ich ab da regelmäßig am Kolloquium des Lehrstuhls teilnahm und viele neue Perspektiven auf Osteuropa kennenlernte, sondern auch durch Empfehlungen für Sommerschulen oder Hilfe bei der Organisation meiner Auslandssemester in der sibirischen Provinz in Barnaul. Durch Kontakte zu anderen Historiker*innen wurde ich für eine Archivrecherche in Moskau engagiert.
Das Studium an der Ruhr-Universität Bochum bot mir viele Möglichkeiten, mich nicht nur mit der Geschichte Osteuropas und dabei insbesondere der sowjetischen Peripherie zu beschäftigen. Das Lotman-Insitut bot eine ideale Ergänzung dazu mit vielen Seminaren zur russischen Kultur.
Nach meinen Abschluss fing ich schnell an, für die Rosa-Luxemburg-Stiftung zu arbeiten, zuerst als Projektmanager für Zentralasien. Derzeit arbeite ich als Referent für Mittel- und Osteuropa. In meiner Arbeit brauche ich regelmäßig meine im Studium erworbenen Kontakte und Kenntnisse der osteuropäischen Geschichte. Sei es, weil für linke Debatten in der Region die Geschichte immer wieder eine große Rolle spielt oder weil ich wie zuletzt eine Veranstaltung zum Bergkarabachkonflikt moderierte, der ohne die sowjetische Nationalitätenpolitik nicht in Gänze zu verstehen ist.